P124: Wenn man abbremst, wird man schneller
21.7. Wenn man abbremst, wird man schneller
Wir wollen, bevor wir uns weiter auf den Formalismus des H-Atoms stürzen, noch etwas Sinnvolles lernen...
Dazu nehmen wir den Virtialsatz für Kräfte, die wie Gravitation oder elektrische Kraft mit 1/r² abnehmen:
Da gilt: Wkin = -1/2*Wpot
Eine solche Formel gilt auch für Differenzen:
ΔWkin = -1/2* ΔWpot
Nun stellt euch einen Satelliten vor, der um die Erde kreist, ein Elektron, dass um ein Proton kreist, die Erde, die um die Sonne kreist, ein Dingens, das um ein Döngels kreist (aber mit einer Kraft F ~ 1/r² gebunden ist).
Fangen wir mal mit der ISS an. Die soll auf eine höhere Umlaufbahn kommen. Sie braucht also Hubarbeit, ihre potenzielle Energie muss um ΔWpot zunehmen.
Was passiert mit ihrer kinetischen Energie?
Da ΔWkin = -1/2 * ΔWpot ist, nimmt diese ab (Differenz ist <0), also genau um 50% der Zunahme der Wpot.
Also: Die Hälfte der notwendigen Erhöhung der Wpot kommt aus der kinetischen Energie (die ISS ist weiter außen in der Tat langsamer, da die Zentralkraft kleiner wird). Die andere Hälfte muss durch Zünden der Triebwerke geliefert werden.
Also:
Satelitten, die höher fliegen sollen, müssen ihr Triebwerk zünden, aber nur für die Hälfte der Hubarbeit. Die andere Hälfte stellt die abnehmende kinetische Energie nach dem Virialsatz zur Verfügung.
Was passiert mit der ISS, wenn sie durch Reibung im Restgas der Atmosphäre abgebremst wird?
(Das wird sie wirklich...alle 4 Wochen sinkt sie um etwa 1 km...dann müssen die Triebwerke für etwa 5 Minuten zünden, die ISS wird dann um 0,6 m/sec² beschleunigt und steigt 1 km höher und ist dadurch langsamer geworden...Mittlere Höhe bei 400 km, mittlere Geschwindigkeit ca. 28 000 km/h, meistens nutzt man nicht die Triebwerke der ISS dafür, sondern die der angedockten Raumfrachter).
Die ISS sinkt durch die Abbremsung, dadurch sinkt Wpot (sie ist näher an der Erde). Die Häfte der freiwerdenden Wpot wird zur Erhöhung der Wkin genutzt (näher an der Erde muss sie ja schneller sein), die andere Hälfte zum Ausgleich des Reibungsverlustes.
Also: Durch das Abbremsen wegen der Reibung wird die ISS letztlich schneller...
Und nun kommen wir nochmal zum H-Atom:
Versucht einmal das eben Gelernte zu übertragen.
Ein Photon wird absorbiert. Das Elektron geht in einen höheren Quantenzustand (eine weiter Außen liegende "Bahn"). Dort hat es eine höhere Wpot. Die Hälfte dieser Erhöhung kommt aus der Abnahme der kinetischen Energie, die andere Hälfte muss das Photon beisteuern.
Natürlich ist zusammen genommen die Änderung der Gesamtenergie des Elektrons gleich der Energie des absorbierten Photons.
Und beim Rücksprung in einen niedrigeren Energiezustand?
Das Elektron gewinnt Wpot, die Hälfte setzt es zur Erhöhung von Wkin ein und die andere Hälfte wird als Photon abgestrahlt.
Wieder hat sich die Gesamtenergie genau um die Energie des abgestrahlten Photons verändert.
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