P88 Unbestimmtheit von Ort und Impuls

 15.2 Die Unbestimmtheitsbeziehung von Ort und Impuls

Wir stellen Heisenbergs Erkenntnis gleich an den Anfang:

Ort und Impuls eines Quants können nicht gleichzeitig genau gemessen werden.

Messungen mit präziser Ortsangabe lassen den Impuls unbestimmt, Messungen mit präzisem Impuls lassen den Ort unbestimmt.

Bezeichnet man die Unbestimmtheiten mit Δx und Δp, so muss die Ungleichung  

         Δx * Δp > 1/2* h/(2π) 

erfüllt sein.

Diese Gleichung heißt Unbestimmtheitsrelation UBR.

Die Größen Δx  und Δp kann man als Messfehler (Standardabweichungen) interpretieren oder auch als Bereich, innerhalb von dem Orte und Impulse möglich sind.

Wir werden sehen, dass diese Unbestimmtheiten nicht durch schlechte Messmethoden zustande kommen, sodnern zu den grundlegenden Eigenschaften der Quanten gehören. Natürlich kann man sie durch Messungen nicht austricksen.

15.2.1 Mathematischer Exkurs

Das ist kein verbindlicher Inhalt!

Wenn man die Welt sechsdimensional darstellt, also drei Dimensionen für den Ort und drei Dimensionen für den Impuls, so nennt man diesen sechsdimensionalen Raum (x,y,z,px,py,pz), den Phasenraum.

Die UBR besagt dann: Der Phasenraum besteht aus kleinsten gequantelten Phasenraumvolumina. 

 Man kann die UBR aber auch fraktal interpretieren (dies hat ein ehemaliger Schüler von mir so vorgeschlagen): 

Der Phasenraum sei ein Fraktal, d.h. er hat z.B. die Dimension 5,3. Wenn man dann den Ort kennt, sind 3 Dimensionen vergeben und für den Impuls bleiben weniger als 3 (notwendige) Dimensionen, er ist unbestimmt.

Für Mathematiker ist die UBR einfach das Ergebnis einer Fouriertransformation:

Orts- und Impulsdarstellungen sind zueinander fouriertransformiert. Eine breite Ortsverteilung wird zu einer schmalen Impulsverteilung und umgekehrt.

Spüätestens hier wird deutlich, dass die UBR mit einer Unzulänglichkeit von Messmethoden nichts zu tun hat.

15.2.2 Welleninterpretation mit Wellenpaketen

Eine unbegrenzte Welle mit der Wellenlänge λ beschreibt ein irgendwo im Universum vorhandenes Teilchen. Zu ihr gehört ein genau angegebener Impuls p = h/λ

Besitzt das Quant einen genauen Ort, d.h. ist es dort zu 100% (als Fakt, nicht als Möglichkeit), so müssen wir versuchen, dies durch eine Welle darzustellen.


 

Dazu haben sich sog. Wellenpakete als hilfreich erwiesen.

Will man die QM auf unsere Welt anwenden, d.h. z.B. ein Elektron in einem Labor beschreiben, so kann die Wellenfunktion ja nicht beliebig weit in das Universum hineinreichen, sie kann nur im Labor deutliche Auslenkungen haben. Die Wellenfunktionen der QM sind eigentlich Wellenpakete.

Wir haben schon Schwebungen kennengelernt:

Überlagert man zwei Wellen oder Schwingungen ähnlicher Frequenz, so entsteht ein Schwebungston: Die Amplitude variiert periodisch.

Je enger die Frequenzen liegen, desto langsamer ist die Schwebung.


 

So stimmt man eine Gitarre: Man zupft auf zwei Saiten den gleichen Ton und dreht an einer Saite so lange bis die Schwebung weg ist. Dann stimmen die Frequenzen überein.

Für den Frequenzbereich gilt die einfache Formel:

 Δf * Δt = 1, wenn Δt die halbe Dauer  einer Schwebung ist.

Bei der Besprechung der Lissajousfiguren habe ich ein Video aufgenommen, bei dem man zwei Töne mit wachsendem Frequenzunterschied hört. Man erkennt eine immer schnellere Schwebung.


 

Die Herleitung dieser wichtigen, durchaus nicht fürs Abitur unbedeutenden Formel, steht auf einer eigenen Extraseite.

Herleitungen 

Gitarrenspieler kennen diese Formel:  

Je genauer man eine Gitarre stimmen will, desto länger dauert es.

Bei Wellenpaketen gilt das auch für Orte (sie sind sozusagen räumliche Schwebungen):

Um das Wellenpaket sehr eng zu machen (Δx klein) muss man einen weiten Wellenlängen-bzw. Frequnzbereich Δλ wählen, dazu gehört aber auch ein weiter Impulsbereich (Achtung: p=h/λ ist ein nichtlinearer Zusammenhang!)

Enge Wellenpakete beschreiben gut bestimmbare Orte, aber erkauft durch viele weit auseinanderliegende Impulse (Wellenlängen).

Aufgabe: 

Welcher Impulsbereich gehört zu Δλ = 5 nm?

Die Aufgabe könnt ihr wegen der Nichtlinearität nur lösen, wenn ihr die Wellenlängen kennt: der Bereich soll von 105 nm bis 110 nm gehen.

Zur Lösung:

Sowohl für 105 nm als auch 110 nm rechnet man die Impulse aus und bildet die Differenz.

Auf keinen Fall die 5 nm in eine Impulsdifferenz umrechnen!!!

Auf diese Art erhält man ein immer wiederkehrendes Wellenpaket. Damit es nur einmal auftaucht, muss man alle Wellen zwischen den beiden Grenzwellenlängen überlagern, also unendlich viele.

Das können wir hier nicht überprüfen, aber mathematische Simulationen zeigen das. Wir glauben den Mathefreaks!

15.2.3 Interpretation

Nicht nur nach der Kopenhagener Deutung hat man heute die folgende Auffassung:

Wenn man einem Quant nicht gleichzeitig genau einen Ort und einen Impuls zuordnen kann, dann muss es daran liegen, das Quanten an sich keine Orts- und Impulseigenschaften besitzen.

Erst durch Messungen (also Wechselwirkungen) bilden sich Orte oder Impulse oder eben weniger präzise Eigenschaften heraus.

Folgerung:

In der Quantenwelt gibt es keine Orte und Impulse und somit gibt es auch keine Bahnen!

Die Frage nach dem Weg bereitet nicht nur experimentelle Probleme (eine Ortsmessung zerstört die Interferenzfähigkeit), es ist auch eine Frage nach etwas, was es nicht gibt.

Eine vergleichbare Frage wäre: Singt diese Betonwand Sopran?

Wir verstehen auch, warum die Interferenzfähigkeit verschwindet, wenn wir einen Ort "erzeugt" haben: Das Quant besitzt unendlich viele mögliche Impulse, also Wellenlängen...so etwas ist nicht interferenzfähig!

15.2.4 Übungen

Zur einfacheren Rechnung wählen wir:

Δx * Δp > h

Aufgabe 1:

Ein Elektron und ein Ball (m = 360 g) bewegen sich mit 220 m/s bei einer Geschwindigkeitsunbestimmtheit von 0,06% (recht präzise bestimmt)

Wie groß sind ihre jeweiligen Ortsunbestimmtheiten?

Antwort:

Die Ortsunbestimmtheit für das Elektron ist etwa 5 cm. das ist verdammt viel für das winzige Ding.

Die Ortsunbestimmtheit für den Ball ist nahezu 0, er ist also da, wo wir ihn sehen...trotz der Bewegung.

Aufgabe 2: 

Warum haben Fußbälle wohldefinierte Orte und Geschwindigkeiten, Elektronen dagegen nicht?

Hinweis:

Seht euch die Rechnung von Aufgabe 1 an, dann wird es klar, woran das liegt.

 Aufgabe 3:

Kann ein Golfspieler die UBR als Entschuldigung für das Verfehlen des Loches angeben?

Die Antwort ist natürlich Nein. Recherchiere notwendige Größen und überprüfe durch eine Rechnung.




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