P 94: Scotty beam me up

 16. Teleportation, Verschränkung und Einflüsse aus der Vergangenheit

Dieses Kapitel soll besonders Interessierten eine Möglichkeit geben, einige der aktuellen Forschungen im Bereich der QM kennenzulernen.

Sie spielen im Abitur natürlich keine Rolle...und auch für den  weiteren Verlauf dieses Kurses nicht.

Aber vielleicht wollt ihr später mal verstehen, was eure Enkel in ihrer Freizeit alles machen???

Worauf wir nicht eingehen, ist Quantenkryptographie und Quantencomputer. Das funktioniert auch schon, ist aber ein sehr umfangreicher Aspekt, der passt nicht als Intermezzo. 





  16.1 Verschränkung

 Schrödinger hat schon erkannt, dass die Verschränkung von Zuständen eines der zentralen Eigenschaften von Quantensystemen ist.

Es gibt keinerlei Analogon in unserer Alltagswelt oder der klassischen Physik.  Es sieht alles eher so aus wie Tricks in einer großen Zauberschau.

Wir wissen alle, dass es ein Trick mit Täuschung der Zuschauer ist, wenn einer der beiden Ehrlich-Brothers gerade in einer Kiste zersägt wird und im gleichen Moment unversehrt am anderen Ende des Saales auf einem Motorrad reinfährt...

Die Natur schafft so etwas ohne Tricks und ohne Täuschung...sie kann es einfach!

Wann sprechen wir davon, dass zwei Quanten verschränkt sind?

Wir können sie nicht mehr einfach als Kombination von zwei einzelnen Quantenzuständen beschreiben, sondern nur als ein gemeinsames Objekt in einem gemeinsamen Zustand.

Und dabei ist es vollkommen egal, ob sie räumlich getrennt sind oder nicht.

In unserer Welt weiß ich über ein System alles, wenn ich alle Informationen über die Teile besitze.

In einer Quantenwelt kann ich ALLES über ein System erfahren (was erfahrbar ist!, Ort und Impuls kann ich nicht gleichzeitig erfahren) ohne irgendeine Information über die Teile zu haben, vorausgesetzt diese sind verschränkt.

Machen wir das mal ganz konkret:

In einem doppelbrechenden Kristall wird ein Photon hoher Energie in zwei Photonen unterschiedlicher Energien und unterschiedlichem Spin  (Polarisation) umgewandelt. Dazu muss man schon sehr trickreich Einfallsrichtung des Ursprungsphotons und Kristallorientierung aufeinander anpassen, damit der Energie- und Impulserhaltungssatz das überhaupt erlauben.

Physik Uni Bielefeld

 


Die beiden Photonen (im Bild an den Kreuzungspunkten der Interferenzmaxima) sind dann bezüglich der Polarisation verschränkt: Wenn das eine horizontal polarisiert ist, dann ist das andere vertikal polarisiert. Vollkommen beliebig aber ist die Orientierung des Koordinatensystems für die Achsen.

Etwas anschaulicher ausgedrückt: Wenn sich bezüglich einer zufällig gewählten Achse das eine Photon links herum "dreht", dann dreht sich das andere Photon bezüglich dieser gleichen Achse rechts herum.

Wenn wir also Polarisationen mit Spinzuständen identifizieren, also statt horizontal und vertikal polarisiert von linksherum und rechtsherum reden, ist es vielleicht etwas einfacher zu verstehen.

Wie misst man jetzt die Verschränkung?

Sagen wir zur Zeit 0 werden die beiden Photonen verschränkt. Ab da erscheinen sie uns nur räumlich getrennt, sie sind aber ein einziges  Quantenobjekt. Für uns fliegen die beiden Phzotonen mit Lichtgeschwindigkeit auseinander.

In der QM nennt man die Photonenerzeugerin üblicherweise Alice. Der Beobachter des zweiten Photons heißt immer Bob.

Innerhalb von einer Nanosekunde legen Alice und Bob gleichzeitig  durch Zufall eine Achse fest unter der sie die "Rotation" (Spin, Polarisation) ihres jeweiligen Photons messen wiolen. Wenn sie das nach einer Flugzeit von10 nsec machen, dann kann keine Information mehr zurück an den Erzeugungsort von dieser Zufallsentscheidung gelangen, da sie ja  die Festlegung im Prinzip gleichzeitig gemacht haben.

Alice stellt jetzt durch eine Messung   bezüglich dieser zufällig ausgewählten Achse, dass sich "ihr" Photon "rechts"herum dreht. In genau diesem Moment wird man, egal wo das andere Photon, von Bob registriert, ist, dort bezüglich dieser Achse eine Drehung in die andere Richtung feststellen.


 

Nicht weil von Anfang an die beiden Photonen aufeinander abgestimmt waren, sondern weil sie sich als ein einziges Quantensystem jetzt in diesem Moment, trotz ihrer für uns wahrnehmbaren räumlichen  Trennung, "abstimmen" können.

Einstein hat das "spukhafte Fernwirkung" genannt.

Durch zahlreiche Messungen konnte man experimentell ausschließen, das sich irgendein Signal mit Lichtgeschwindigkeit zwischen den beiden Photonen hätte ausbreiten können, das die gemeinsame Ausrichtung übermittelt hätte.

Im Prinzip ist uns das schon bei de Broglies Kastenexperiment und bei Bertelmanns Socken begegnet.

Wir wissen heute, dass die Quantenwelt nichtlokal ist, d.h. es gibt dort nicht so etwas wie eine Raumstruktur mit der wir wir unsere Umgebung wahrnehmen.

Der Raum ist eine von der Quantenwelt in usnerer Alltagswelt konstruierte emergente Eigenschaft. Den Raum an sich gibt es nicht....

Informationen können wir damit nicht übertragen, denn entweder müssen wir die Lage der Drehachsen kennen oder sie zufällig ausprobieren (eine Korrelation finden wir dann nur bei der zufälligen Übereinstimmung der Drehachsen der beiden Photonen).

Also: Alice erzeugt viele verschränkte Photonen, legt bei einem zufällig eine Drehachse fest und notiert die Rotationsrichtung. Das andere lässt sie zu Bob fliegen. Bob legt ebenfalls zufällig eine Drehachse bei seinem Photon fest und misst ebenfalls die Rotationsrichtung.

Anschließend treffen  sich Alice und Bob, vergleichen ihre Protokolle. Immer wenn sie zufälligerweise die gleichen Drehachsen gewählt haben, merken sie, dass ihre Photonen dann verschränkt waren, also entgegengesetzt rotiert haben.

Ich denke, jetzt ist wirklich klar, dass man durch Verschränkung keine Informationen übertragen kann.

Übrigens: Wenn sich ein Quant mit seiner Umgebung verschränkt, dann verschwinden die Welleneigenschaften. Das nennt man Dekohärenz. Da kommen wir im regulären Teil des Kurses noch drauf.

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