P 84 Kuriositäten

 14. Das Kuriositätenkabinett

In diesem Kapitel wollen wir einige kuriose Dinge zusammenstellen.

14.1 Heisenberg wird abstrakt

 

Werner Heisenberg (1901-1976) entwickelte ein Verfahren die Wahrscheinlichkeiten der zufälligen Messergebnisse der QM durch Zahlenschemata zu berechnen. Er erfand 1926 die Matrizen zum zweiten Mal. Besonders erfreut war er, dass die Multiplikation von Matrizen nicht kommutativ ist, es kommt auf die Reihenfolge an: A*B  ≠  B*A.

Seine Matrizen werden in der modernen QM zu Operatoren, das sind Rechenanweisungen, die Zustände ändern und dabei die möglichen Messwerte und deren Wahrscheinlichkeiten produzieren.

Dabei ist es z.B. wichtig, ob ich erst den Ort und dann die Geschwindigkeit eines Quants messen will oder umgekehrt. Die Ergebnisse stimmen nicht überein.

Das führte Heisenberg zur berühmten Unbestimmtheitsbeziehung, die nach ihm benannt wurde. Wir lernen sie bald kennen.

 

Quantenmechanik durch Matrizen zu beschreiben ist total unanschaulich, aber das beste was man machen kann. Denn es zeigt, dass die menschlichen Veranschaulichungen wie Welle oder Teilchen nicht gebraucht werden.

Und deshalb freuten sich alle, als jemand eine Gleichung fand, die auch Wellen als Lösung zulies.




14.2 Eine Wellengleichung, die keine ist

Alle Quantenmechaniker vor 100 Jahren waren unter 30 Jahre alt (Einstein, Heisenberg, de Broglie u.v.a.). Nur ein älterer Herr war auch dabei. Erwin Schrödinger (1887-1961) las 1925 in einem Paper von Einstein etwas über die Materiewellen von de Broglie. Also machte er sich auf die Suche nach einer Differenzialgleichung für solche Wellen.

Während eines Winterurlaubs mit seiner Geliebten (zur Nobelpreisverleihung 1933 nahm er Ehefrau und Geliebte mit) fand er die sog. Schrödingergleichung.

Einmal muss man sie in der Schule gesehen haben:


 In E2 und Q2 haben wir auch Differenzialgleichungen für Wellen kennengelernt:


Vielleicht erinnert ihr euch noch: Da wird die Beschleunigung eines Oszillators (2.Ableitung nach der Zeit) mit der Krümmung der Welle (zweite Ableitung nach dem Ort) in Beziehung gesetzt.

Ihr habt gelernt, dass man durch Einsetzen einer Sinusfunktion diese Gleichung erfüllen kann.

Das Blöde ist: Die Schrödingergleichung sieht ganz anders aus...

Und in der Tat, sie ist keine echte Wellengleichung sondern eine Gleichung, die Diffusion beschreibt. In der Quantenmechanik diffundieren Wahrscheinlichkeiten...

Ich sag ja, dieses Kapitel ist ein Kuriositätenkabinett...

Egal, auch Wellen lösen die Schrödingergleichung...alle waren glücklich: Sie hatten ihre anschaulichen Wellen und der unsägliche Dualismus Welle-Teilchen zog in die Lehrbücher ein.

Übrigens: Schrödingers Gleichung stand im Widerspruch zur Relativitätstheorie. Störte aber niemanden...hauptsache Welle!

Zehn Jahre später fand Dirac die allgemeinere relativistische Gleichung der QM. Dafür bekam er den Nobelpreis.

Denkt an das fette Vieh in Afrika: Es geht nicht darum zu entscheiden, ob Quanten Welle oder Teilchen sind...es sind Quanten. Basta!

14.3 Schrödinger - der Katzenhasser

Als Schrödinge  noch älter war, fand er die Quantenmechanik überhaupt nicht mehr lustig...Zufälle, Wahrscheinlichkeiten...all das wurde mit seiner Gleichung berechnet.

Er hielt es für Unsinn.

Er erfand ein Gedankenexperiment, mit dem er die QM auf ein makroskopisches Objekt, eine Katze, angewendet hat:

 

Eine Katze ist in einem Kasten eingesperrt. Ein radioaktives Präparat sendet an einem Tag mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% ein Signal aus. Passiert das, so wird ein Mechanismus ausgelöst, der einen Hammer auf eine Blausäurekapsel fallen lässt. Blausäure tritt aus und tötet die Katze.

Am Ende des Tages ist die Wahrscheinlichkeit je 50% für eine tote bzw. eine lebende Katze.

Die QM ergibt für diese beiden Möglichkeiten eine Überlagerung, einen Mischzustand (Interferenz) aus tot/lebendig. Erst wenn jemand nachsieht ( und das kann Wochen später sein) kollabiert diese Interferenz, aus den Möglichkeiten wird ein Fakt. Es ist nicht vorhersagbar, welches Fakt, also ob eine tote oder lebende Katze, sichtbar wird.

Dieses Katzenparadoxon ist keines... wir werden  gleich lernen, dass die Wechselwirkung der Quanten, aus denen die Katze besteht, dafür sorgt, dass die Katze genau in dem Moment stirbt, in dem die Blausäure austritt, auf keinen Fall erst (zu 50%) wenn jemand nachsieht.

Es stimmt, dass die Experimente Zustände, Fakten erzeugen. Aber dazu bedarf es keines Beobachters, die Quanten untereinander können das regeln (siehe Plotin).

 


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