P130: Eine Drehung, die keine Drehung ist:Die spinen, die Elektronen

 22. Atomphysik

Bohr konnte die überschaubaren Spektrallinien von Wasserstoff und den wasserstoffähnlichen Ionen gut erklären. Andere Atome aber haben viel mehr Spektrallinien als Wasserstoff, es muss also viel mehr Übergangsmöglichkeiten für Elektronen, also viel mehr Energieniveaus geben.

Dazu müssen wir neue Eigenschaften der Elektronen im Atom kennenlernen. Diese werden wir dann quanteln und die Möglichkeiten durch sog. Quantenzahlen charakterisieren.

Dann werden wir lernen, wie man mit vier solcher Quantenzahlen und dem sog. Pauli-Prinzip den Aufbau des Periodensystems erklären können.

Ja, die Physiker/innen erklären den Chemiker/innen ihr Periodensystem....

Zuerst lernen wir eine neue Eigenschaft der Elektronen kennen, den Spin.

22.1 Der Elektronenspin

Elektronen zeigen Eigenschaften eines Drehimpulses, es scheint so, als würden sie sich drehen.

Diese kleinen Dinger, von denen wir noch nicht einmal wissen, ob sie eine Ausdehnung haben, zeigen Eigenschaften wie eine Rotation. Und da sie rotierende Ladungen sind, erzeugen sie auch Magnetfelder.

Die Magnetfelder der spinenden Elektronen, das sind die Elementarmagnete, die man ab der Klasse 6 kennenlernt.

Jetzt wisst ihr auch, warum man Elementarmagnete nicht teilen kann. 

 

Extrem verbildichte Darstellung, magiccalc

Der Elektronenspin ist so etwas wie ein innerer Drehimpuls.

1925 haben die beiden Studenten Gouldsmith und Uhlenbeck die Idee ghabt, die Vielfalt der Spektrallinien und die Aufspaltung von Spektrallinien im Magnetfeld (Zeeman-Effekt) mit dem Elektronenspin zu erklären.

Sie schrieben eine Veröffentlichung, fanden die dann aber so gewagt, dass sie diese zurückziehen wollten. Ihr Chef, Paul Ehrenfest, verhinderte das mit der Bemerkung:" Ihr seid jung genug, um euch eine Dummheit zu erlauben!"

Einem Elektron eine Drehachse zuzuordnen, macht nur Sinn in einem äußeren Magnetfeld. Dann aber kann der Drehimpulsvektor nur so angeordnet sein, dass seine Projektion in Richtung oder gegen die Richtung der Drehachse einen bestimmten, gequantelten, Wert hat. 

Also: Noch nicht mal der Drehimpulsvektor selbst ist gequantelt, sondern letztlich nur seine Projektion auf eine Achse.

Die spinen die Elektronen!

Und: Der Eigendrehimpuls S hat auch nur einen ganz bestimmten Betrag: 

Es gilt:


Uni Wuppertal

Dabei ist s = +1/2 die Spinquantenzahl.

Zeigt der Spinvektor in Richtung der bevorzugten Achse, so sagt man: s = +1/2, zeigt er entgegengesetzt dieser Richtung, so ist die "Spinquantenzahl" s = - 1/2.

Ein Elektron wird also durch eine Spinquantenzahl s = +/- 1/2 charakterisiert, es gibt somit zwei unterscheidbare Zustände, unterscheidbar durch ihre Energie und durch das Magnetfeld.

Man kann das auch so ausdrücken:

Der Spinvektor gestattet bezüglich einer vorgegebenen (willkürlichen) Richtung nur die beiden Projektionen mit +1/2* h/2π oder -1/2*h/2π.

 Das Magnetfeld eines so spinenden Elektrons konnte man messen, aber nicht erklären. Da versagte auch die Quantenmechanik. Messwert und Theorie lagen um den Faktor 2,0023...auseinander.

Erst als Paul Dirac 1927 die Quantenmechanik mit der Relativitätstheorie vereinte (relativistische Quantenmechanik, Diracgleichung) konnte er bis auf die Nachkommastellen (0,0023...) das Magnetfeld des Elektrons erklären. 

Elementarmagnete sind eine Folge der relativistischen Quantenmechanik.

Kein Wunder, dass da in Klasse 6 niemand was zu erzählt...das lernt man noch nicht mal im Studium...

Übrigens: Die 0,0023...entstehen durch Einwirkung der Vakuumfluktuationen auf das Elektron. Das wird  inzwischen also auch verstanden...

Übrigens: Photonenspin

Photonen haben auch einen Spin, doppelt so groß wie der des Elektrons, aber natürlich kein Magnetfeld.

Dass Photonen auch einen Spin haben, ist noch seltsamer...denn Photonen scheinen noch nicht mal eine Ausdehnung zu haben und besitzen keine Ruhemasse.

Was sich da drehen soll??? Keine Ahnung...

Wir merken mal wieder, wie die Sprache unserer Wirklichkeit nicht ausreicht, die Realität zu verstehen.

Stern-Gerlach-Versuch:

Vielleicht noch ein Blick auf die Entdeckung des Elektronenspins durch Stern und Gerlach. Sie haben 1922 Atomtrahlen durch inhomogene Magnetfelder geschickt. Nur ein einzelnes Außenelektron trug durch seinen Spin zum Magnetfeld des Atoms bei.

 


Erwartet hatten sie, dass der Spin alle möglichen Projektionen zum Magnetfeld annehmen kann und der Elektronenstrahl deshalb nur aufgeweitet wird (rechts). Aber er teilte sich in genau zwei Strahlen (Mitte). Der Spin existiert also nur als parallele oder antiparallele Projektion zum Magnetfeld.

Warum auch immer...

Was ist also der Elektronenspin?

- eine dem Elektron innewohnende  Eigenschaft mit zwei möglichen Zuständen

- dadurch sind auch zwei Zustände des Elektronenmagnetfeldes bestimmt

- die magnetische Wirkung des Elektrons ist mehr als doppelt so stark wie durch jede klassische      Überlegung  begründbar

- die beobachtete magnetische Wirkung des Elektrons kann man nur beschreiben, wenn man die    Relativitätstheorie und die Vakuumfluktuationen berücksichtigt.

Der Spin des Elektrons zeigt vergleichbare Eigenschaften wie der mechanische Drehimpuls:

- Es gibt einen Spinerhaltungssatz

- Spin und Drehimpuls verändern sich nicht durch Punktspiegelungen (sie sind sog. axiale Vektoren)

Aber:

Der Spin eines Elektrons wird nicht durch Drehen von irgendetwas erzeugt...

Der Spin ist also kein Drehimpuls, verhält sich aber oft so...

 

Da wir eh all das nicht mehr anschaulich verstehen können, stürzen wir uns jetzt gleich in den Zahlenhokuspokus (den man natürlich quantenmechanisch richtg berechnen, also erklären, kann), der den Aufbau des Magnetfeldes erklärt.

Vorhang auf! Die Extrashow für die Chemiker/innen beginnt.

WIR erklären ihnen IHR Periodensystem.


 

Meine besondere Beziehung zur Chemie drückt ein Erlebnis vor und während der Vordiplomsprüfung in Chemie aus. Das erzähle ich aber nicht öffentlich....Sprecht mich mal an...

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